Vergleichswertverfahren
Wichtig zu wissen
- Bei der Vergleichswertermittlung werden Verkaufspreise vergleichbarer Immobilien herangezogen, um den Wert einer Immobilie zu bestimmen.
- Das Vergleichswertverfahren ist das einfachste und marktnahste Verfahren.
- Liegen nicht genug vergleichbare Immobilien vor, kann das Vergleichswertverfahren nicht angewendet werden.
Inhalt dieser Seite
- Was ist das Vergleichswertverfahren?
- Wann nutzt man das Vergleichswertverfahren?
- Wie berechnet man den Vergleichswert einer Immobilie?
- Wie erhält man Vergleichsdaten für das Vergleichswertverfahren?
- Welche Faktoren fließen in das Vergleichswertverfahren mit ein?
- Vor- und Nachteile des Vergleichswertverfahrens
- Häufig gestellte Fragen zum Vergleichswertverfahren
1. Was ist das Vergleichswertverfahren?
Neben dem Sachwertverfahren und dem Ertragswertverfahren ist das Vergleichswertverfahren eines der drei gutachterlichen Bewertungsmethoden laut der ImmoWertV. Bei der Vergleichswertermittlung liegt der Fokus auf der Bewertung anhand von bekannten Verkaufspreisen vergleichbarer Immobilien. Üblicherweise wird dabei auf sogenannte Vergleichfaktoren zurückgegriffen – zum Beispiel dem Ertragsfaktor oder einem Gebäudefaktor. Das Vergleichswertverfahren ist damit das Bewertungsverfahren, welches der Ermittlung des tatsächlichen Marktwerts am nähesten kommt. Im Gegensatz zum Sachwertverfahren, bei dem die Herstellungskosten im Fokus stehen, spiegelt, der Vergleichswert am ehesten den Wert wieder, der sich am Markt erzielen lässt. Mit folgendem Beispiel lässt sich dieser Effekt einfach verdeutlichen:
Goldene Wasserhähne - Ein Beispiel aus dem Makleralltag
Gehen wir davon aus, dass ein Immobilienbesitzer in seinem Haus in der Vergangenheit sehr aufwendige und spezielle Umbauten vornehmen lassen hat (z.B. “goldene Wasserhähne”), die von potenziellen Kaufinteressenten jedoch nicht wertgeschätzt oder weiterverwendet werden können. Das Sachwertverfahren würde aus Perspektive der Herstellungkosten diese Werte mit berücksichtigen und vermutlich zu einem höheren Ergebnis als das Vergleichswertverfahren kommen. Andersherum kann es ebenso sein, dass ein sehr günstig erbautes Haus aufgrund sehr hoher aktueller Vergleichspreise, höher bewertet wird vom Vergleichswertverfahren als vom Sachwertverfahren.
2. Wann nutzt man das Vergleichswertverfahren?
Das Vergleichswertverfahren kann grundsätzlich für alle Arten Immobilien angewendet werden. Für die Berechnung müssen allerdings ausreichend Daten ähnlicher Immobilien vorhanden sein. Deshalb wird das Vergleichswertverfahren in der Regel bei weitgehend typisierten Gebäuden angewendet, wie
- Eigentumswohnungen,
- Einfamilien-, Doppel- und Reihenhäuser,
- oder vermieteten Wohnhäusern mit wenigen Wohneinheiten.
Liegen nicht genug vergleichbare Immobilien vor, kann das Vergleichswertverfahren nicht angewendet werden. Um trotzdem den Verkehrswert zu berechnen, stehen dann noch das Sachwertverfahren und das Ertragswertverfahren zur Verfügung.
Anwendung findet das Verfahren insbesondere bei Immobilienkauf und -verkauf oder bei Vermögensauseinandersetzungen, wie zum Beispiel Scheidung, Erbe, Schenkung etc.
3. Wie berechnet man den Vergleichswert einer Immobilie?
Um den Vergleichswert einer Immobilie zu berechnen, ermittelt man einen Vergleichsfaktor auf Basis vergleichbarer Immobilien, von denen die Verkaufspreise bekannt sind. Üblicherweise wird hier mit einem Gebäudefaktor (meistens € pro m² Wohnfläche) oder einem Ertragsfaktor gerechnet. Der Vergleichsfaktor wird daraufhin, im Falle des Gebäudefaktors, mit der Fläche oder, im Falle des Ertragsfaktors, mit dem Rohertrag der zu bewertenden Immobilie multipliziert. Im Anschluss werden Zu- oder Abschläge anhand unterschiedlicher Faktoren vorgenommen, wie zum Beispiel zum Bewertungsobjekt abweichende
- Ausstattung
- Lage
- Zustand
- Bauweise
- etc.
Gebäudefaktor (inkl. Beispielrechnung Vergleichswert)
Beim Gebäudefaktor werden Immobilien anhand der Wohnfläche mit Hilfe des Preises pro m² verglichen.
Vergleichswert = Gebäudefaktor x Wohnfläche
Beispiel: Wir möchten den Wert einer Eigentumswohnung in einer guten Lage, Baujahr 1970 und 80 m² Wohnfläche berechnen. Der örtliche Gutachterausschuss nennt uns einen Gebäudefaktor in Höhe von 2.300 € für ein ähnliches Objekt mit vergleichbarem Baujahr und in vergleichbarer Lage.
2.300 € (Gebäudefaktor) x 80 m² Wohnfläche = 184.000 €
In der Beispielrechnung kommen wir auf einen Vergleichswert in Höhe von 184.000 € ohne Berücksichtigung von Zu- oder Abschlägen.
Wichtig: Die Vergleichsfaktoren vom örtlichen Gutachterausschuss beziehen sich entweder auf das gesamte Grundstück oder nur auf das Gebäude. Sollte sich der Wert nur auf das Gebäude beziehen, muss der Bodenwert getrennt vom Gebäudewert ermittelt werden.
Ertragsfaktor (inkl. Beispielrechnung Vergleichswert)
Beim Ertragsfaktor handelt es sich um einen Vervielfältiger, ein Erfahrungswert der das Verhältnis des Kaufpreises zu der Jahresnettokaltmiete, auch Jahresrohertrag genannt, angibt. Je nach Lage, Ausstattung, Alter, Zustand und Möglichkeit der Mieterhöhung wird der Wert nach unten oder oben korrigiert. Der ortsübliche Vervielfältiger lässt sich beim örtlichen Gutachterausschuss erfragen.
Vervielfältiger = Kaufpreis / Jahresnettomiete
Beispiel: Wir möchten den Wert eines Wohnhauses in sehr guter Lage berechnen. Die Jahresnettomiete liegt bei der Immobilie bei 80.000 € pro Jahr. Der Gutachterausschuss nennt uns den Ertragsfaktor 19 für ein vergleichbares Wohnhaus in der gleichen Gegend.
80.000 € (Jahresnettomiete) x 19 (Ertragsfaktor) = 1.520.000 €
In der Beispielrechnung kommen wir auf einen Vergleichswert in Höhe von 1.520.000 € ohne Berücksichtigung von Zu- oder Abschlägen.
4. Wie erhält man Vergleichwerte für das Vergleichswertverfahren?
Zum einen gibt es die Möglichkeit eine konkrete Kaufpreissammlung vom regionalen Gutachterausschuss anzufordern mit aufgelisteten Vergleichsimmobilien. Dieser führt eine Datenbank mit allen in der Vergangenheit verkauften Immobilien und wird vom Notar automatisch benachrichtigt, wenn ein Verkauf stattgefunden hat. Wird eine Immobilie verkauft, erhält der Käufer nach dem Notartermin außerdem einen Fragebogen vom Gutachterausschuss, der verpflichtend und richtig auszufüllen ist mit Angaben zur gekauften Immobilie.
Darüber hinaus wertet der Gutachterausschuss diese Daten auch statistisch aus und erstellt kategorisierte Vergleichswerte für bestimmte Lagen und Immobilienarten. Auch diese Daten lassen sich anfordern.
Darüber hinaus greifen Sachverständige auch auf weitere Quellen zurück, wie:
- eigene Datensammlungen
- kommerzielle Datenbanken
- Marktberichte
- etc.
Als Makler haben wir Zugriff auf eine Datenbank mit allen am Markt veröffentlichten Immobilien aus den letzten Jahren. Aus der selben Software erstellen wir zwei Mal im Jahr aktuelle Marktberichte und stellen diese zum Download bereit.
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5. Welche Faktoren fließen in das Vergleichswertverfahren ein?
Um passende Vergleichsimmobilien auszuwählen und auch Zu- oder Abschläge vorzunehmen werden üblicherweise folgende Merkmale berücksichtigt:
Grundstück:
- Lage,
- Größe,
- Beschaffenheit des Bodens,
- Nutzungsart,
- Erschließungszustand und Ausrichtung des Grundstücks
Gebäude:
- Gebäudeart,
- Größe,
- Bauweise,
- Qualität der Ausstattung,
- Restnutzungsdauer,
- Ertrag bei Vermietung
- und Zustand des Gebäudes
6. Vor- und Nachteile des Vergleichswertverfahrens
Vorteile:
- Schnelle und zuverlässige Bewertungsmethode
- Aktuelle Marktsituation wird berücksichtigt
Nachteile:
- Wenn keine Vergleichsobjekte vorliegen, nicht anwendbar
- Nicht für sehr “Individuelle” Immobilien geeignet
7. Häufig gestellte Fragen zum Thema Vergleichswertverfahren
Wie unterscheidet sich die Immobilienbewertung von einem Makler und einem Gutachter?
Die Immobilienbewertung durch einen Gutachter macht in erster Linie Sinn, wenn Sie ein gerichtsverwertbares Gutachten, zum Beispiel für einen Rechtsstreit, benötigen. Ein Kurzgutachten kostet in der Regel ab 500 €, ein Vollgutachten ab 1000 €.
Wenn Sie hingegen mit dem Gedanken spielen, Ihre Immobilie zu verkaufen, sollten Sie die Immobilie von einem Immobilienmakler einschätzen lassen. Dieser kennt den aktuellen Immobilienmarkt und wertet die Immobilie kostenlos für Sie ein.
Welche Bewertungsmethode ist die richtige für meine Immobilie?
Das kommt ganz auf Ihre Immobilie an. Grundsätzlich gilt folgende Faustformel:
Wenn vergleichbare Immobilien vorhanden sind, macht das Vergleichswertverfahren Sinn. Das Sachwertverfahren wird in den meisten Fällen bei Häusern und sehr individuellen Immobilien angewendet. Das Ertragswertverfahren wird bei vermieteten oder für die Vermietung geeigneten Immobilien genutzt. Sachverständige & Makler bewerten Immobilien immer mit mehreren Verfahren, um ein möglichst umfassendes Bild vom Wert der Immobilie zu bekommen.
Wie unterscheidet sich eine Online-Bewertung von einer richtigen Immobilienbewertung von einem Profi?
Wenn Sie mit dem Gedanken spielen, Ihre Immobilie zu verkaufen, ist die Online-Bewertung ein guter erster Indikator für die Kaufpreisfindung. Wenn Ihre Überlegungen allerdings konkreter werden, sollten Sie die Immobilie von einem Profi einschätzen lassen.