Die Immobilie bewerten

In diesem Kapitel unseres Handbuchs “Immobilie verkaufen” erklären wir Ihnen, welche Bewertungsmethoden es gibt und wie man diese anwendet.

Wichtig zu wissen

  • Es gibt 4 Bewertungsmethoden für Immobilien: Sach-, Ertrags-, Vergleichs- und Residualwertverfahren.
  • Unabhängig von den Bewertungsmethoden ist für den Immobilienverkauf hauptsächlich entscheidend, was Interessent*innen bereit sind, für Ihre Immobilie zu bezahlen (Marktwert).
  • Für die Bewertung sollten immer Expert*innen zu Rate gezogen werden, da diese eine hohe Qualifikation und Erfahrung haben und den Immobilienwert objektiv realistisch berechnen können.
  • Im Falle der Bewertung für einen angedachten Verkauf, sind Makler*innen die besten Ansprechpartner*innen, um eine verlässliche Preiseinschätzung zu erhalten. Diese ist meistens sogar kostenlos.
  • Sollten Sie eine Immobilienbewertung für ein Gerichtsverfahren benötigen, müssen Sie ein Gutachten von versierten Gutachter*innen erstellen lassen („Öffentlich bestellte und vereidigte Immobiliensachverständige“). Je nach Immobilienart und -größe starten die Kosten für eine solche Expertise bei circa 500 Euro.
  • Das Sachwertverfahren berechnet Grundstücks- und Gebäude-Zeitwert separat und rechnet daraufhin beides zusammen.
  • Das Vergleichswertverfahren ist beim Verkauf das wichtigere Verfahren: Hier werden Preise vergangener Angebote am Markt mit der zu bewertenden Immobilie verglichen.
  • Das Ertragswertverfahren bewertet eine Kapitalanlage-Immobilie aus der Perspektive von Investor*innen und deren Renditeerwartungen.
  • Das Residualwertverfahren ist für Grundstücke, die an Bauträgerfirmen verkauft werden können, relevant und berechnet, welchen angemessenen Betrag diese für ein Baugrundstück bezahlen können, nach Abzug aller anderen Kosten.

In diesem Kapitel unseres Handbuchs „Immobilie verkaufen“ erklären wir, welche Bewertungsmethoden es gibt und wie man diese anwendet. Die Immobilienbewertung ist für die meisten Menschen der erste Schritt, um sich mit dem Thema Immobilienverkauf auseinanderzusetzen. Expert*innen bewerten Immobilien mithilfe unterschiedlicher Methoden und Verfahren. Diese sind in der Regel:

  • das Sachwertverfahren
  • das Vergleichswertverfahren
  • das Ertragswertverfahren

Darüber hinaus gibt es das Residualwertverfahren. Es wird vor allem von Bauträgerfirmen angewendet.

1. Der Marktwert

Bevor Sie sich daran machen, Ihre Immobilie nach den unterschiedlichen Methoden selbst zu bewerten oder von Expert*innen bewerten zu lassen, sollten Sie sich über einen wichtigen Punkt im Klaren sein: Immobilienbewertung ist immer subjektiv. Wenn sie 3 unterschiedliche Expert*innen fragen, wie viel Ihr Grundbesitz wert ist, werden Sie vermutlich 3 unterschiedliche Antworten erhalten. Wir sagen deshalb immer: Im Falle eines Verkaufs einer Immobilie ist letztendlich der „Marktwert“ entscheidend.

Der Marktwert ist der Preis, den ein Interessent am offenen Markt bereit ist, für Ihre Immobilie zu bezahlen.

Leider lässt sich der tatsächliche Marktwert nicht berechnen – er lässt sich nur durch eine aktive Vermarktung der Immobilie herausfinden. Hierbei spielen viel mehr Faktoren eine Rolle, als nur die Ausstattung oder Lage des Objektes. Entscheidend ist zudem die Zahl und Qualität der Kaufinteressierten, wie die Immobilie präsentiert wird, welche Alternativangebote es am Markt gibt, mit wie viel Reichweite die Immobilie inseriert wurde etc. Trotzdem ist es sinnvoll, den ungefähren Wert der Immobilie vorab zu berechnen, um einen angemessenen Angebotspreis bestimmen zu können und als Eigentümer eine fundierte Entscheidungsgrundlage zu haben.

2. Das Sachwertverfahren

Der Sachwert einer Immobilie setzt sich zusammen aus Boden- und Gebäudewert. Beide werden separat voneinander berechnet. In der Regel wird das Sachwertverfahren für Häuser verwendet. Die grundlegende Formel für das Sachwertverfahren lautet:

Sachwert = (Gebäudewert + Bodenwert) x Marktanpassungsfaktor

Bodenwert: In regelmäßigen Abständen veröffentlichen die regionalen Gutachterausschüsse Bodenrichtwerte. Es handelt sich dabei um vergangenheitsbasierte „Richtwerte“. Mithilfe des Bodenrichtwerts lässt sich der ungefähre Wert des Grundstücks einer Immobilie berechnen.

Gebäudewert: Der Gebäudewert setzt sich zusammen aus den Herstellungskosten des Gebäudes, abzüglich einer Alterswertminderung. Wurden bei einem Einfamilienhaus, das beispielsweise 40 Jahre alt ist, regelmäßig Renovierungen durchgeführt, ist der Gebäudewert höher. Wurden diese Investitionen unterlassen, ist der Gebäudewert niedriger.

Addiert man Gebäude- und Bodenwert erhält man den vorläufigen Sachwert.

Marktanpassungsfaktor: Der Sachwert wiederum kann mit einem sogenannten Marktanpassungsfaktor multipliziert werden, um marktgerechte, plausible Werte zu erhalten. Marktanpassungsfaktoren werden auch von den Gutachterausschüssen herausgegeben.

Sachwert überschlägig selber berechnen

Das Sachwertverfahren gehört in der exakten gutachterlichen Anwendung mit zu den komplizierteren Verfahren der Immobilienbewertung. Als Laie kann den Sachwert näherungsweise jedoch auch mit einer vereinfachten Rechnung berechnen:

Gebäudewert: Wohnfläche in m² x Neubaukosten x Alterswertminderung

  • Wohnfläche in m² = Ihre Wohnfläche des Hauses
  • Neubaukosten = z.B. 2.300 €, bei besonders hochwertigen Immobilien mehr, bei sehr einfach gebauten Immobilien weniger
  • Alterswertminderung = (100-(aktuelles Jahr-fiktives Baujahr))/100 -> das fiktive Baujahr kann zum Beispiel Erneuerungen schon berücksichtigen

Bodenwert: Gründstücksgröße in m² x Bodenrichtwert

  • Grundstücksgröße in m² = Ihre Grundstücksgröße
  • Bodenrichtwert = Bodenrichtwert Ihres Grundstücks. Den Bodenrichtwert können Sie unter folgendem Link recherchieren: Bodenrichtwert-Suche öffnen.

Wenn Sie Marktanpassungsfaktoren berücksichtigen wollen, finden Sie diese bei Ihrem örtlichen Gutachterschuss.

3. Das Vergleichswertverfahren

Vergleichswert = Wohnfläche in m² x Vergleichswert +/- Zu- oder Abschlägen

  • Wohnfläche in m² = Wohnfläche Ihrer Immobilie.
  • Vergleichswert = Von Ihnen recherchierter Vergleichswert. Hier können Sie auf unsere Marktberichte zurückgreifen (zu den Marktberichten) selber am Markt recherchieren oder sich eine Kaufpreissammlung vom örtlichen Gutachterausschuss zuschicken lassen.
  • Zu- oder Abschläge = für eine besondere Lage, Ausstattung der Immobilie etc.

4. Das Ertragswertverfahren

Das Ertragswertverfahren betrachtet die Immobilie aus der Perspektive von Kapitalanleger*innen. Insbesondere für vermietete Objekte beziehungsweise „Nicht-Selbstnutzer-Immobilien“ wird diese Bewertungsmethode angewendet, da Investor*innen vor allem auf die Rendite schauen.

Beim gutachterlichen Ertragswertverfahren wird, ähnlich wie beim Sachwertverfahren, zunächst der Bodenwert und die Bodenwertverzinsung anhand eines vom Gutachterausschuss herausgegebenen Liegenschaftszinses berechnet. Dieser wird vom Reinertrag der Immobilie abgezogen, woraufhin dieser wiederum mit einem Wertfaktor, der auf dem Liegenschaftszins basiert, multipliziert wird.

Ertragswert selber berechnen

In der vereinfachten Form des Ertragswertverfahrens, das wir als Maklerunternehmen zum Beispiel häufig als ersten Wertindikator nutzen, rechnen wir mit sogenannten Kaufpreis-Multiplikatoren. Diese stellen den Kehrwert der Rendite-Erwartung eines möglichen Interessierten dar. Die vereinfachte Berechnung stellt sich wie folgt dar:

Ertragswert = Kaufpreismultiplikator x Netto-Kaltmieteinnahmen

  • Kaufpreismultiplikator = 100 / (100 * Renditeerwartung der Investor*innen in Prozent)
  • Netto-Kaltmieteinnahmen = Ihre Einnahmen mit der Immobilie abzüglich der Nebenkosten.

Ein Beispiel veranschaulicht dies: Haben Sie zum Beispiel bei einer Mietwohnung 10.000 Euro Netto-Kaltmieteinnahmen pro Jahr und liegt die marktübliche Rendite-Erwartung von Kaufinteressierten für vergleichbare Objekte bei 4 Prozent, dann berechnet sich der Wert der Immobilie wie folgt: Multiplikator 25 (=100/4) multipliziert mit 10.000 Euro = 250.000 Euro.

Man kann daraufhin auch noch weitere Szenarien betrachten, indem vielleicht nicht nur mit 4 Prozent, sondern mit 3 Prozent oder 5 Prozent Renditeerwartung gerechnet wird. Oder statt mit Ist-Mieteinnahmen wird mit Soll-Mieteinnahmen gerechnet, falls Mietsteigerungen oder ähnliches möglich sind.

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5. Das Residualwertverfahren (Für Grundstücke)

Das Residualwertverfahren kommt insbesondere bei Grundstücken zum Einsatz, die für Bauträgerfirmen interessant sind. Hier wird „rückwärts“ berechnet wie viel eine Bauträger*in maximal für das Grundstück ausgeben kann. Dies erfolgt nach der einfachen ökonomischen Formel Umsatz – Kosten = Gewinn. Die Formel wird jedoch umgestellt, sodass unter dem Strich der verbleibende Grundstückswert herauskommt.

Im Falle eines Verkaufs mehrerer Neubauwohnungen auf einem Grundstück, erwarten Bauträgerfirmen einen gewissen Umsatz. Hiervon werden die Baukosten sowie andere Ausgaben abgezogen, sowie eine gewisse Renditeerwartung eingerechnet. Übrig bleibt der Residualwert, also der Wert, den die Entwicklerfirma für das Grundstück ausgeben kann, um am Ende ertragreich zu wirtschaften.

Das Residualwertverfahren ist auch für den Verkauf an Investor*innen anpassbar, also an Erwerbende, welche die Neubauwohnungen nach der Fertigstellung nicht veräußern, sondern im Bestand halten und vermieten, um eine Mietrendite zu erzielen. In diesem Fall „vermischt“ sich das Residual- mit dem Ertragswertverfahren.

Residualwert selber berechnen

Als Privatperson zu versuchen den Residualwert zu berechnen ist aufgrund der Komplexität sehr schwierig. Der Vollständigkeit halber jedoch: Der Residualwert berechnet sich vereinfacht beschrieben nach der Formel:

Grundstückswert = Umsatz – Bau- und Nebenkosten – Gewinnerwartung Bauträgerfirmen.

  • Umsatz = Neubau-Verkaufspreis pro m² x mögliche Wohnfläche in m², die auf dem Grundstück realisiert werden kann.
  • Bau- und Nebenkosten = z.B. 2.300-2.800 Euro/m² Baukosten sowie Kaufnebenkosten für das Grundstück (z.B. 5 bis 15 Prozent vom Grundstückswert), Abrisskosten des Altbestands (z.B. 50.000 Euro), Finanzierungskosten während der Bauphase etc.
  • Gewinnerwartung Bauträgerfirma = z.B. 15 bis 25 Prozent vom Umsatz.

6. Immobilie selber bewerten oder mit Expert*innen?

Natürlich können Sie den Wert Ihrer Immobilie mithilfe unterschiedlicher Online-Tools und frei am Markt verfügbaren Immobiliendaten versuchen selber zu berechnen. Jedoch ist es empfehlenswert, hierfür unabhängige Expert*innen zu Rate zu ziehen. Diese verfügen über

  1. eine objektivere Perspektive auf die Immobilie: Als Eigentümer*in unterliegen Sie immer dem Besitztumseffekt Besitztumseffekt (eng.: Endowment Effect)
  2. Erfahrung mit der Bewertung von Immobilien: Expert*innen haben schon viele Immobilien bewertet und kennen sich besser mit der Anwendung und den Grenzen der einzelnen Verfahren aus.
  3. Vermarktungserfahrung (wenn es sich um ein Maklerunternehmen handelt): Makler*innen haben meistens das bessere Gespür für den am Markt erzielbaren Preis, weil sie die lokalen Immobilienwerte, das Angebot, die Nachfrage etc. kennen. Gutachter*innen oder Eigentümer*innen fehlt diese Marktkenntnis häufig.

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7. Einfache Immobilienbewertung oder richtiges Gutachten?

Immobilienbewertungen werden von unterschiedlichen Akteur*innen offeriert und kosten unterschiedlich viel. Im Folgenden geben wir einen Überblick:

  • Immobilienmakler*innen: Diese bewerten die Immobilie im Rahmen ihrer Vermittlungstätigkeit mit Blick auf den realisierbaren Verkaufspreis. Die Bewertung ist in der Regel kostenlos.
  • Gutachter*innen beziehungsweise Sachverständige für Immobilienbewertung: Ein Gutachten benötigen Sie in der Regel, wenn es um gerichtliche Auseinandersetzungen und ähnliches geht. Auch bei Schenkungen, Scheidungen oder wenn sich Erbengemeinschaften uneins sind, sind diese Expertisen hilfreich. Hier fangen die Kosten für ein Kurzgutachten bei ungefähr 500 Euro an. Für den angedachten Immobilienverkauf ist eine solche, umfassende Expertise, zumeist nicht nötig.
  • Online-Bewertung aus dem Internet: Auf vielen Websites von Immobilienfirmen und Immobilienportalen finden sich kostenlose Online-Bewertungstools. Bitte behalten Sie im Hinterkopf, dass es sich hier nur um eine grobe Einschätzung handelt. Der Wert wird auf Basis verfügbarer Daten im Hintergrund ermittelt. Aber je nach Region sind die Daten nicht immer sehr umfangreich und manchmal wenig aktuell. Auch ist jede Immobilie ein Unikat. Das macht es schwer, hierfür per Datenanalyse den richtigen Wert zu ermitteln. Sobald sich Ihr Verkaufsvorhaben konkretisiert, sollten Sie daher immer auf eine persönliche Bewertung durch Expert*innen zurückgreifen.
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